Harte Einschnitte bei den Kreiskliniken Dillingen-Wertingen und Neuanfang – Die Landkreise Dillingen a.d.Donau und Donau-Ries wollen eng bei der künftigen Gesundheitsversorgung in Nordschwaben zusammenarbeiten;
Aufbau einer strategischen Kooperation für einen Versorgungsverbund Nordschwaben ist geplant
Mit breiter Mehrheit hat der Kreistag des Landkreises Dillingen a.d.Donau am heutigen Freitag auf Vorschlag von Landrat und Aufsichtsratsvorsitzenden Markus Müller sowohl einer neuen Zielstruktur für die Kreiskliniken Dillingen-Wertingen gGmbH als auch dem Konzept zum Aufbau einer strategischen Kooperation für einen Versorgungsverbund Nordschwaben zugestimmt. Dabei nannte Müller das vorliegenden Konzept, das mit harten Einschnitten verbunden ist, als in sich schlüssig und alternativlos.
Zuvor hatte Landrat Markus Müller sowohl auf die seit Jahren schwierige Finanzlage der Kliniken mit extrem hohen Defiziten hingewiesen, die den Landkreis als alleinigen Gesellschafter der Kliniken an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit geführt hat. Allein in diesem Haushaltsjahr sind für die Sicherstellung der Liquidität der Kreiskliniken 18 Mio. Euro bereitzustellen.
Der Kreistag Dillingen hatte deshalb die Geschäftsführung bereits im September 2024 beauftragt, bis zum Frühjahr 2025 für die Kreiskliniken ein Zukunftskonzept zur Beschlussfassung vorzulegen.
Mit der strategischen Kooperation für einen Versorgungsverbund Nordschwaben reagieren die beiden Landkreise Dillingen und Donau-Ries auf das noch im Jahr 2024 sowohl vom Bundestag als auch vom Bundesrat beschlossene Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), das die Krankenhauslandschaft massiv verändern wird und vor große Herausforderungen stellt sowie gleichzeitig neue Chancen für eine zukunftsfähige und effektive Gesundheitsversorgung eröffnet.
Landrat Markus Müller machte deutlich, dass der neuen Zielstruktur für die Kreiskliniken Dillingen-Wertingen neben dem Handlungsdruck aufgrund der prekären Finanzlage des Landkreises und der Kliniken selbst mehrere Fakten und Realitäten zugrunde liegen, die zwingend im Interesse des Fortbestandes der Kliniken beachten werden müssten. Dabei nannte er neben der Sicherstellungsverpflichtung nach der Landkreisordnung die zwingenden Vorgaben des KHVVG, den starken Trend hin zu mehr ambulanten als stationären Leistungen sowie den Fachkräftemangel über alle Berufsgruppen hinweg. „Diese Entwicklungen werden die Veränderungen im Zuge des KHVVG stark beeinflussen und forcieren“, betonte Müller. Erleichtert zeigte sich der Landrat im Interesse der Versorgung der Menschen im Landkreis, dass auch das Institut für Notfallmedizin zu dem Ergebnis gekommen ist, dass im Landkreis Dillingen auch künftig eine stationäre Notfallversorgung erforderlich ist.
Die Krankenhausplanung wird im Zuge der Reform künftig stärker an den 65 bundeseinheitlich definierten Leistungsgruppen orientiert sein, um eine spezialisierte und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung vor Ort sicherzustellen. Dabei müssen dezidierte regulatorische Anforderungen wie Personalvorhaltezahlen, Mindestmengen, Struktur- und Qualitätsvorgaben in Zukunft von allen Kliniken erfüllt werden.
Bei der Vorstellung des Konzeptes für den Versorgungsverbund Nordschwaben betonten Jürgen Busse (Vorstand der Donau-Ries Kliniken) und Sonja Greschner (Geschäftsführerin der Kreiskliniken Dillingen-Wertingen gGmbH) übereinstimmend, dass das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) tiefgreifende strukturelle Änderungen für Kliniken in Deutschland und insbesondere für Kliniken in der Region mit sich bringen wird. Während die Reform das Ziel verfolgt, die Krankenhauslandschaft effizienter und patientenorientierter zu gestalten, stehen viele Einrichtungen – insbesondere im Bereich der Grund- und Regelversorgung – unter starkem wirtschaftlichen Druck. Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass die Kliniken der beiden Landkreise ihre medizinische Ausrichtung klar definieren und miteinander abstimmen, um die besten medizinischen Versorgungsstrukturen in der Region Nordschwaben gemeinsam zu schaffen. So wird angestrebt, die unterschiedlichen Leistungsgruppen, innerhalb der Grund- und Regelversorgung sowie die spezialisierten Versorgungsbereiche strategisch miteinander zu verbinden und so eine umfassende, qualitativ hochwertige medizinische Versorgung in Nordschwaben zu gewährleisten. Busse und Greschner sagen: „Unsere Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter sind hier das Herzstück unserer Kliniken und damit auch wichtigste Ressource: Menschen sorgen für Menschen: Wir brauchen innerhalb des geplanten Versorgungsverbundes unsere qualifizierten Fachkräfte und setzen darauf, dass wir gemeinsam in eine tragfähige Zukunft blicken.“
Auf Basis des Medizinkonzeptes 2007 wurden in den vergangenen Jahren die drei Standorte der Donau-Ries Kliniken (Donauwörth, Nördlingen und Oettingen) mit unterschiedlichen Schwerpunkten für die Sicherstellung der Grund- und Regelver-sorgung im Landkreis Donau-Ries bereits erfolgreich aufgestellt.
Demgegenüber kämpfen die Kreiskliniken Dillingen-Wertingen insbesondere seit 2016 mit stetig gestiegenen Defiziten, was u.a. auch auf die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen und damit einhergehend mit rückläufigen Patientenzahlen und Erlösrückgängen zurückzuführen ist. Erste wichtige Maßnahmen wurden bereits im Jahr 2021 ergriffen; auf der Basis des Medizinkonzepts 2023 wurden in 2024 alle beschlossenen Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen umgesetzt. Ungeachtet dessen sind mit Blick auf die Vorgaben des KHVVG weitere strukturelle Veränderungen erforderlich.
Die Erarbeitung der neuen Zielstruktur der Kreiskliniken Dillingen-Wertingen erfolgte mit der Maßgabe einer konsequenten Ausrichtung an den Vorgaben des KHVVG und der gesetzlich definierten Leistungsgruppen. „Dies erfolgte in dem Bewusst-sein, dass wir ausgehend von der Notfallversorgung denken müssen und bestimmte Leistungsgruppen verlieren und künftig nicht mehr anbieten werden können, weil die Strukturanforderungen nicht erfüllt sind bzw. die künftig geltenden Mindestmengen nicht erreicht werden“, so Greschner.
Parallel zur Erarbeitung des Medizinkonzepts 2025 haben die Kreiskliniken Dillingen-Wertingen gGmbH beim Institut für Notfallmedizin an der LMU München (kurz:INM) eine Analyse der Notfallversorgung im Landkreis Dillingen in Auftrag gegeben. Ausgehend von der Zielsetzung einer stationären Versorgung ist die Notfallversorgung essentiell, um zu definieren, ob und geographisch sinnvoll eine Akut- und Notfallversorgung in Verbindung mit internistischer, chirurgischer und intensivmedizinischer Versorgung nachhaltig zu führen ist. Zusammenfassend kommt das INM zu der Feststellung, dass ohne Notfallversorgung im Landkreis Dillingen im Sinne des Kriteriums des G-BA hinsichtlich des Sicherstellungszuschlags die flächendeckende Versorgung gefährdet ist. Für den Standort Dillingen ist derzeit die G-BA Notfallstufe 1 (Basisnotfallversorgung) gegeben und der Standort spielt für verschiedene zeitkritische Notfälle, wie bspw. bei schwer(st)-verletzten Patient:innen nach Unfall oder bei Sepsis eine wichtige Rolle. Hinsichtlich Diagnostik und Therapie bspw. bei Herzinfarkt oder Schlaganfall spielt die Klinik als Erstversorger eine wichtige Rolle, jedoch sind die Einwohner des Landkreis Dillingen bereits jetzt weitgehend auf Kliniken in benachbarten Landkreisen angewiesen. Dazu bestehen bereits etablierte Kooperationen. Aus diesem Grund sieht das Konzept für die Klinik in Dillingen als Grundversorger auch künftig eine Notfallmedizin in Verbindung mit weiteren notwendigen Fachbereichen vor. Am Standort Wertingen ist in der Kombination von Medizinischem Versorgungszentrum DLG MVZ GmbH (MVZ) in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung die Idee einer medizinischen Anlaufstelle für Notfälle erwachsen, die im Weiteren gemeinsam zu konkretisieren ist.
Während die Klinik in Dillingen künftig das Profil eines Grundversorgers mit den Leistungsbereichen Notfallmedizin, Innere Medizin, Chirurgie (insbesondere mit Allgemein-, Visceral-, Gefäß-, Unfall- und orthopädische Chirurgie), Gynäkologie & Geburtshilfe, Intensivmedizin erhalten soll, setzt man bei der Kreisklinik Wertingen mit Blick auf den demografischen Wandel auf ein innovatives Zukunftsmodell mit einer Spezialisierung auf die Versorgung älterer Menschen in der Verknüpfung zwischen stationär, rehabilitativ und ambulant. Das Zentrum für Altersmedizin mit den Leistungsgruppen Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie soll eine bedarfsgerechte Ergänzung um eine Geriatrische Rehabilitation, eine Tagesklinik, mobiler Rehabilitation sowie eine Kurzzeit- und Überleitungspflege erfahren. Das Medizinische Versorgungszentrum DLG MVZ GmbH, 100%ige Tochtergesellschaft der Kreiskliniken Dillingen-Wertingen soll dabei ebenso wie das Ausbildungszentrum mit der Berufsfachschule für Pflege eine zentrale Rolle einnehmen in der Verzahnung von ambulant und stationär.
Die hohen Defizite der Kreiskliniken Dillingen-Wertingen gGmbH haben in den zurückliegenden Jahren nicht nur die Kliniken selbst sondern wegen des hohen Zuschussbedarfs den Landkreises als Träger an die Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit geführt. Deshalb ist beim Landkreis Dillingen auch Beschlusslage, dass die neue Zielstruktur mit einem weiteren umfänglichen Abbau von Doppelvorhaltungen einhergeht und der künftige Zuschussbedarf auf ein Maß zurückgeführt wird, das für den Landkreis künftig wieder finanzielle Spiel-räume gerade für die notwendige Daseinsvorsorge eröffnet. Aus diesem Grund strebt der Landkreis mit diesem wegweisenden Zukunftskonzept, eine nachhaltig medizinisch sinnvoll ausgerichtete Struktur im Landkreis Dillingen an. Gleichzeitig soll mit der neuen Zielstruktur als Bestandteil des Versorgungsverbundes Nordschwaben schnellstmöglich flächendeckend eine wohnortnahe Notfall- und Grundversorgung unter Berücksichtigung der gesetzlichen neuen Vorgaben realisiert werden.
Einen Befreiungsschlag strebt der Landkreis Dillingen für seine Klinik an den zwei Standorten in Dillingen und Wertingen auch insofern an, als der Kreistag auf Vorschlag von Landrat Markus Müller beschlossen hat, ein Schutzschirmverfahren für die Kreiskliniken Dillingen-Wertingen gGmbH zu beantragen.
Dieses Verfahren dient dazu, die wirtschaftliche Situation der Klinik zu stabilisieren und eine nachhaltige medizinische Versorgung in unserer Region sicherzustellen – eben auf der Basis der vorliegenden Zielstruktur in Einklang mit dem geplanten Versorgungsverbund Nordschwaben.
Landrat Markus Müller betonte: „Unsere Bürger im Landkreis Dillingen und darüber hinaus dürfen versichert sein: Wir sind weiterhin für Sie da - der Betrieb läuft an beiden Standorten weiter, alle medizinischen Leistungen werden wie gewohnt er-bracht.“ Zudem bekräftigten Landrat Markus Müller und die Geschäftsführerin der Kreiskliniken, Sonja Greschner überein-stimmend: „Wir sind überzeugt, dass dieser Schritt notwendig und richtig ist, um die Kreisklinken Dillingen-Wertingen gGmbH langfristig als starke Gesundheitseinrichtung für die Region gemeinsam eingebettet in einem Versorgungsverbund zu erhalten und langfristig zu stärken.“
Beide Standorte der Klinik in Dillingen und Wertingen sollen künftig noch enger zusammenwachsen. Es geht darum, dass sich die medizinischen Schwerpunkte sehr gut ergänzen und die Kreisklinken Dillingen-Wertingen gGmbH eine optimale medizinische Versorgung für die Bürger gewährleisten kann und gleichzeitig die Strukturen hat, um nachhaltig zu wirtschaften.
Aktuelle Entwicklungen und weitere Informationen finden Sie auf der Website www.khdw.de oder telefonisch unter 09071 57 219.